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2012 Handwerkskammer zu Leipzig
Umsatzsteuer bei Bauleistungen (2012)
Erweiterung der Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers
auf bestimmte Bauleistungen
Im Jahr 2004 ist die Umkehr der Umsatzsteuerschuldnerschaft für Bauleistungen
in Kraft getreten. Demnach gilt für Bauleistungen, die zwischen bauleistenden
Unternehmen erbracht werden, die Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers.
Der Leistungserbringer hat dem Auftraggeber eine Nettorechnung ohne Ausweis der
Mehrwertsteuer zu stellen, der Empfänger muss die Umsatzsteuer in seiner
Umsatzsteuervoranmeldung anmelden und abführen.
Was sind Bauleistungen im Sinne des § 13b UStG?
Bauleistungen sind demnach Werklieferungen und sonstige Leistungen, die der
Herstellung, Instandsetzung, Instandhaltung, Änderung oder Beseitigung von
Bauwerken dienen. Neben Gebäuden fallen sämtliche mit dem Erdboden fest
verbundene sowie aufgrund ihrer Schwere auf ihm ruhende, aus Baustoffen oder
Bauteilen hergestellte Anlagen unter den Begriff des Bauwerkes (zum Beispiel
Straßen, Tunnel, Silos). Wird die Substanz des Bauwerkes verändert, handelt es
sich um eine Bauleistung. Leistungen an gelieferten Einrichtungsgegenständen
sind dann als Bauleistung zu behandeln, wenn sich der Gegenstand nur mit
"größerem Aufwand" (feste Verbindung) vom Gebäude trennen lässt. Für
Elektroinstallationen gilt folgendes: Die Montage und der Anschluss von
Beleuchtungssystemen stellt eine Bauleistung im Sinne der Regelung dar.
Welche Leistungen gelten nicht als Bauleistung?
Materiallieferungen, die nicht durch den Lieferanten eingebaut werden, sind
nie als Bauleistung zu behandeln. Das gleiche gilt für die Arbeiten des
Gerüstbauhandwerks. Des Weiteren sind sämtliche Reparatur - und
Wartungsarbeiten, wenn das Nettoentgelt für den einzelnen Umsatz unter 500 Euro
liegt, nicht als Bauleistung zu behandeln. Auch das bloße Aufhängen und
Anschließen von Beleuchtungen stellt keine Bauleistung im Sinne der Regelung
dar. Wird neben einer Hauptleistung (Bauleistung) eine Nebenleistung (Gerüst)
erbracht, teilt die Nebenleistung das Schicksal der Hauptleistung.
Welches Unternehmen gilt als bauleistendes Unternehmen?
Bauleistungen erbringen Betriebe des Bau- und Ausbaugewerbes, des Elektro-
und Metallgewerbes und des Holzgewerbes. Auch Raumausstatter und Gebäudereiniger
und andere Handwerksbetriebe könnten betroffen sein. Die Finanzverwaltung geht
von einem bauleistenden Unternehmen aus, wenn im Vorjahr mehr als zehn Prozent
der Umsätze mit Bauleistungen erwirtschaftet worden. Die Vorlage einer gültigen
Freistellungsbescheinigung nach § 48b EStG ("Bauabzugsteuer") gilt als Nachweis
für einen bauleistenden Leistungsempfänger. Diese Bescheinigung muss zu
umsatzsteuerlichen Zwecken vorgelegt worden sein, also vom Leistungsempfänger im
Zusammenhang mit der Bauleistung. Wurde die Bescheinigung zu einem früheren
Zeitpunkt schon einem zu ertragssteuerlichen Zwecken vorgelegt (der jetzige
Leistungsempfänger war Auftragnehmer - "Bauabzugsteuer"), gilt dies nicht
als Nachweis dafür, dass die Steuerschuldnerschaft gegenwärtig beim
Leistungsempfänger angesiedelt ist.
Einzelunternehmer, die privat Bauleistungen ausführen
lassen
Einzelunternehmer, die Bauleistungen erbringen, und für ihren Privatbereich
eine Bauleistung empfangen, werden ebenfalls zum Steuerschuldner. Der
Leistungsempfänger hat in diesen Fällen seine Unternehmereigenschaft gegenüber
dem Leistungserbringer anzuzeigen.
Welche Folgen ergeben sich daraus für die Umsatzsteuer?
Wird zwischen zwei bauleistenden Unternehmen über eine Bauleistung
abgerechnet, hat der Leistungsempfänger die Umsatzsteuer zu errechnen und
abzuführen. Das leistende Unternehmen stellt die Rechnung netto ohne Ausweis der
Umsatzsteuer. Auf der Nettorechnung muss vermerkt werden, dass es sich um eine
Bauleistung im Sinne des § 13b UStG handelt, für die der Abnehmer die
Umsatzsteuer schuldet.
Welche Folgen ergeben sich aus irrtümlicher
Rechnungsstellung?
Sofern ein Unternehmer ohne Vorliegen der Voraussetzungen eine Leistung in
der Rechnung als Bauleistung behandelt (Nettorechnung), ist der
Leistungsempfänger für diesen Umsatz nicht Steuerschuldner. Der Steuerschuldner
bleibt der Leistungserbringer. Insofern gerät das leistende Unternehmen in die
Gefahr, trotz Nettorechnungsstellung die Umsatzsteuer begleichen zu müssen.
Sofern sich beide Unternehmen über die Anwendung des § 13b UStG einig waren, und
der Leistungsempfänger den Umsatz korrekt versteuert, wird dies vom Finanzamt
nicht beanstandet.
Was haben Sie als bauleistender Unternehmer zu beachten?
Ausgangsrechnung
- die Eigenschaft des Leistungsempfängers kontrollieren, wenn sich dieser
als Bauleistender ausgibt (Freistellungsbescheinigung nach § 48b EStG),
- Hinweis auf die Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers in der
Rechnung (Bauleistung nach § 13b Abs.1 Nr.4 UStG),
- das (Netto-) Entgelt für die erbachten Leistungen ist in der
Umsatzsteuer-Voranmeldung in der Zeile 41 anzugeben,
- die Summe der im Laufe des Jahres erbrachten Leistungen ist in der
Umsatzsteuererklärung anzugeben (Anlage UR, Zeile 53).
Eingangsrechnung
- Eigenschaft als Bauleistender gegenüber dem leistenden Unternehmen
anzeigen (Vorlage Freistellungsbescheinigung nach § 48b EStG),
- Kontrolle, dass keine Umsatzsteuer ausgewiesen ist,
- Berechnung, Anmeldung und Abführung der Umsatzsteuer (Voranmeldung: Umsatz
und Umsatzsteuer in Zeile 50, Vorsteuer: Zeile 58),
- Umsatzsteuererklärung 2004 (Anlage UR, Zeile 25),
- der Vorsteuererstattungsanspruch in gleicher Höhe, sofern die Bauleistung
für den unternehmerischen Bereich bezogen
wurde.
Die Übertragung der Steuerschuldnerschaft auf Bauträger funktioniert nicht
mehr.
Auf dem Prüfstand das sog. Reverse-Charge-Verfahren, bei dem der
Leistungsempfänger Schuldner der Umsatzsteuer ist.
Konkret ging es um Bauleistungen. Der Bundesfinanzhof hatte zunächst den
entsprechenden Paragraphen des Umsatzsteuergesetzes vom Europäischen Gerichtshof
absegnen lassen. Danach befasste er sich selbst noch einmal mit der
Vorschrift.
Der BFH stellte klar, dass die Vorschrift anders auszulegen ist, als es
die Finanzverwaltung bisher angenommen hatte. Und zwar kommt es nur zu dem
Reserve-Charge-Verfahren, wenn der Leistungsempfänger die an ihn erbrachten
Werklieferungen oder Dienstleistungen, also die Herstellung, Instandsetzung, Instandhaltung,
Änderung oder Beseitigung von Bauwerken, ebenfalls wieder zur Erbringung solcher
Leistungen verwendet werden. Der Anteil der ausgeführten Bauleistungen insgesamt
ist dabei unwichtig.
Das bedeutet in der Konsequenz, dass Bauträger nicht
mehr als Steuerschuldner im
Sinne der Vorschrift anzusehen sind. Denn sie liefern bebaute Grundstücke.
Anders dagegen sind Generalunternehmer zu beurteilen, da sie Bauleistungen an
ihre Auftraggeber erbringen.
(BFH vom 22.08.2013 – V R 37/10)
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